Höchst erfolgreiche Therapieoption bei Fettstoffwechselstörungen, Autoimmunerkrankungen und Transplantationsmedizin, Zukunftshoffnung: Allergien
Krankheiten einfach „auswaschen“ – dies ist – sehr vereinfacht ausgedrückt – das Prinzip der Apherese, der „Blutwäsche“. Die Apherese-Technologie ermöglicht es, Blut außerhalb des Körpers von speziellen, krankmachenden Bestandteilen wie Blutfetten, Antikörpern oder immunologisch wirksamen Substanzen zu reinigen, ohne dass dabei andere körpereigene Blutbestandteile verloren gehen. Dabei werden die krankmachenden Substanzen in sogenannten Apheresesäulen gebunden und das gereinigte Blut wird dem Körper wieder zugeführt. Diese „Blutwäsche“ ist ein erprobtes und höchst effektives Verfahren mit beeindruckenden klinischen Erfolgen. Die jüngst gegründete wissenschaftliche Vereinigung der Austrian Apheresis Association (AAA) informierte im Rahmen einer Pressekonferenz über die Erfolge der Apherese in etablierten Einsatzgebieten sowie über neue, vielversprechende Anwendungsmöglichkeiten: bei Fettstoffwechselstörungen, in der Transplantationsmedizin und bei Autoimmunerkrankungen sowie dem zukünftigen Einsatz bei schweren allergischen Erkrankungen wie Asthma.
„Auswaschen“ von gefährlichem LDL-Cholesterin bei RisikopatientInnen
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Prinzip der Lipoprotein-Apherese |
Das etablierteste Verfahren ist die Lipoprotein-Apherese (früher „LDL-Apherese“) mittels derer es in den frühen 1980er-Jahren erstmals gelang, spezifisch LDL (=Low Density Lipoprotein) zu beseitigten. Dieses als „böses Cholesterin“ bezeichnete Blutfett gilt als Hauptrisikofaktor für Atherosklerose und somit für Herz-Kreislauferkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall. In Österreich wird dieses Verfahren seit über 20 Jahren von den Stoffwechselexperten und Atheroskleroseforschern Univ.-Prof. Dr. Kurt Derfler und Univ.-Prof. Dr. Helmut Sinzinger erfolgreich bei PatientInnen mit speziellen und schweren Verlaufsformen der familiären Hypercholesterinämie, einer angeborenen Blut-Stoffwechselstörung, angewendet.
Reduktion von kardiovaskulären Ereignissen um über 90% möglich
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Helmut Sinzinger, AAA-Präsident und Leiter der Univ.-Klinik für Nuklearmedizin der MedUni Wien |
Helmut Sinzinger, AAA-Präsident und Leiter der Univ.-Klinik für Nuklearmedizin der MedUni Wien: „Die Apherese führt zu einer massiven Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse von über 90%. Dadurch ergibt sich für die Betroffenen eine praktisch normale Lebenserwartung. Wurden früher ausschließlich jene Patienten und Patientinnen behandelt, bei denen trotz maximaler medikamentöser Intervention keine ausreichende Senkung des Cholesterins erreicht werden konnte, haben sich heute neue, zusätzliche Indikationsgebiete hinzugesellt.“ Dazu zählten die Unverträglichkeit sämtlicher verfügbarer Lipidsenker bzw. auch ein extrem erhöhtes Lipoprotein(a), das als eigenständiger Risikofaktor für die Entstehung von Atherosklerose gilt, bei nachgewiesener klinisch-manifester Atherosklerose.
Da nicht nur LDL sondern alle die Atherosklerose-Entstehung fördernden Lipoproteine damit entfernt werden können, wird die Therapie mittlerweile als „Lipoprotein-Apherese“ bezeichnet. „Unter einer strengen Indikationsstellung, wie im 1. Österreichischen Apheresekonsens festgelegt, ist die Lipoprotein-Apherese eine neue, hochwirksame Therapieoption für Extremfälle“, so Sinzinger abschließend.
Die Bedeutung der Apherese in der Transplantationsmedizin
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Univ.-Prof. Dr. Kurt Derfler, Univ.-Klinik für Innere Medizin III, klin. Abt. für Nephrologie und Dialyse der MedUni Wien |
Ein weiteres Einsatzgebiet der Apherese mit enormer Bedeutung ist die Transplantationsmedizin. Hier können bei einer Blutgruppenunverträglichkeit zwischen potentiellem Spender und Empfänger selektiv Antikörper gegen die fremde Blutgruppe aus dem Blut entfernt werden. Univ.-Prof. Dr. Kurt Derfler, Univ.-Klinik für Innere Medizin III, klin. Abt. für Nephrologie und Dialyse der MedUni Wien: „Auch sogenannte präformierte Antikörper, die im Rahmen von Bluttransfusionen, Schwangerschaften oder vorangegangenen Transplantationen entstehen, und zu einer sogenannten humoralen Abstoßung des transplantierten Organes führen, können mittels Apherese eliminiert werden. Neben diesen Indikationen werden die Plasmapherese und die Immunadsorption aber auch inzwischen in der Therapie der Antikörper-mediierten Abstoßung nach der Transplantation eingesetzt. Und wir erwarten uns durch die Kombination der extrakorporalen Therapie mit medikamentöser Immunsuppression das Langzeitüberleben von Transplantaten noch verbessern zu können.“
Die Bedeutung der Apherese bei Autoimmunerkrankungen
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Priv.-Doz. Dr. Georg Stummvoll, Univ.-Klinik für Innere Medizin III, klin. Abt. für Rheumatologie |
Im klinischen Bereich kommt die Immunapherese auch bei einer großen Anzahl von Autoimmunerkrankungen, primär nach Versagen oder nicht genügendem Ansprechen auf die konventionelle Therapie, zum Einsatz. Priv.-Doz. Dr. Georg Stummvoll, Univ.-Klinik für Innere Medizin III, klin. Abt. für Rheumatologie berichtete, dass Immunadsorptionssäulen erstmals 1994 bei Autoimmunerkrankungen, die resistent auf die konventionelle Therapie waren bzw. nur ein geringes Ansprechen zeigten, eingesetzt wurden: „Die berichteten Behandlungserfolge führten rasch zu einer fulminanten Ausweitung der Indikationen, z. B. in der Behandlung von schwerem systemischen Lupus erythematodes.“ Der Wirkungsmechanismus der Immunapherese ist auf die Elimination von pathogenen, also krankmachenden Antikörpern und Immunkomplexen zurückzuführen, wobei es aber auch noch Hinweise auf andere Wirkmechanismen gibt. Stummvoll: „Wir sind überzeugt, dass in den nächsten Jahren viele Indikationen durch klinische Studien gesichert werden und neue Indikationen für dieses therapeutische Verfahren hinzukommen.“
Zukunftsaussichten – Apherese gegen Asthma und schwere allergische Erkrankungen
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Univ.-Prof. Dr. Rudolf Valenta, Leiter der Abteilung für Immunpathologie der MedUni Wien |
Ein großes Hoffnungsgebiet des Einsatzes der Apherese-Technologie sind allergische Erkrankungen. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Valenta, Leiter der Abteilung für Immunpathologie der MedUni Wien: „Wir am Institut für Pathophysiologie und Allergieforschung der Medizinischen Universität Wien haben einen therapeutischen anti-IgE-Antikörper identifiziert und diesen in ein Einzelketten-Antikörperfragment umgewandelt, das nun biotechnologisch in großen Mengen hergestellt werden kann und für die gezielte Entfernung von IgE-Antikörpern durch IgE-Apherese verwendet werden kann. Die IgE Apherese mittels des von uns hergestellten Antikörperfragments sollte es möglich machen, auch PatientInnen mit hohen IgE-Antikörperspiegeln zu behandeln. Die Behandlung sollte auch bei breiter Sensibilisierung gegen verschiedene Allergenquellen einsetzbar sein und auch für Patientinnen und Patienten mit schweren allergischen Symptomen, wie zum Beispiel Asthma, gut anwendbar sein. Es sind zahlreiche Vorteile und Möglichkeiten zur Behandlung von allergischen Erkrankungen mittels Apherese vorstellbar.“
Abschließend waren sich die Experten einig, dass Apherese-Verfahren einen festen Platz im therapeutischen Instrumentarium des 21. Jahrhunderts erlangen werden.
Texte und Fotos zur Veranstaltung zum Download:
Pressetext Apherese - Blutwäsche
Abstract Univ.-Prof. Dr. Kurt Derfler
Abstract Univ.-Prof. Dr. Helmut Sinzinger
Abstract Priv.-Doz. Dr. Georg Stummvoll
Abstract Univ.-Prof. Dr. Rudolf Valenta
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