Neue Studie zeigt: „Abnehmspritze“ kann gegen gefährliche Atemaussetzer im Schlaf helfen
Schlafapnoe ist eine weit verbreitete Erkrankung, von der über eine halbe Million Österreicherinnen und Österreicher betroffen sind. Sie ist durch wiederholte Atemaussetzer während des Schlafs gekennzeichnet und führt neben Tagesmüdigkeit und Konzentrationsschwierigkeiten auch zu einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Übergewicht ist einer der Hauptrisikofaktoren für Schlafapnoe. Daher kann eine Gewichtsreduktion die Symptome deutlich lindern und in manchen Fällen die Erkrankung sogar heilen. Den nötigen Gewichtsverlust auf konventionellem Wege zu erreichen, ist bei manchem Betroffenen aber kaum möglich. Eine aktuelle Studie zeigt nun, dass die sogenannte Abnehmspritze auch im Hinblick auf die Schlafapnoe eine wirkungsvolle Option darstellen kann.
Anlässlich des bevorstehenden Weltschlaftages am 14. März informiert die Österreichische Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) über die zentrale Bedeutung einer Gewichtsreduktion für einen gesunden, erholsamen Schlaf.
„Gefährliches Schnarchen“: Volkskrankheit Schlafapnoe
Schlafapnoe ist weit verbreitet: In Österreich sind etwa 8% der Bevölkerung von dieser Erkrankung betroffen, Männer häufiger als Frauen, und das Risiko steigt mit zunehmendem Alter.
Das obstruktive Schlafapnoesyndrom (OSAS) ist die häufigste Form der Schlafapnoe und eine ernstzunehmende schlafbezogene Atemstörung. Dabei kommt es durch die Erschlaffung von Muskulatur und Weichteilen während des Schlafs wiederholt zu einer Verengung oder sogar zum vollständigen Verschluss der oberen Atemwege. „Die Folge sind Atemaussetzer, die viele Sekunden bis Minuten dauern können. Diese wiederholten Atempausen können während einer Nacht hunderte Male auftreten, was zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Schlafqualität führt“, erklärt Dr. Lukasz Antoniewicz, Leiter der Expert*innengruppe Schlafbezogene Atmungsstörungen der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie.
Die häufigsten Symptome der Schlafapnoe sind lautes, unregelmäßiges Schnarchen, nächtliches Erwachen mit Atemnot oder Erstickungsgefühl, Tagesmüdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und morgendliche Kopfschmerzen. Neben den genannten Symptomen kann Schlafapnoe schwerwiegende Folgen haben und zu Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen, Herzinfarkt, Schlaganfall und Depressionen führen.
Therapieoptionen bei Schlafapnoe
Die gängigste Behandlungsmethode bei Schlafapnoe ist die Überdrucktherapie. Dabei wird während des Schlafes eine spezielle Atemmaske getragen, die sogenannte PAP1-Maske. Sie erzeugt einen leichten Überdruck in den Atemwegen, um diese offen zu halten und Atemaussetzer zu verhindern.
„Diese Therapie ist in den meisten Fällen sehr wirksam, kann aber von manchen Patient*innen als so unangenehm empfunden werden, dass die Maske nicht ausreichend oder gar nicht getragen wird. Es stehen alternative Behandlungsmethoden zur Verfügung – von der Schnarchschiene bis zum implantierten Zungenschrittmacher – die je nach Schlafapnoe-Typ zur Anwendung kommen können“, erläutert Dr. Antoniewicz, Oberarzt an der Abteilung für Pulmologie an der Universitätsklinik für Innere Medizin II der MedUni Wien und Leiter des Schlaflabors am AKH Wien.
Risikofaktor Übergewicht
Ein Hauptrisikofaktor für Schlafapnoe ist Übergewicht. Bei übergewichtigen Menschen lagert sich Fettgewebe auch im Bereich des Halses und Rachens ab, was die Atemwege verengt. Dadurch kann die Rachenmuskulatur im Schlaf leichter erschlaffen und somit die Atemwege blockieren.
Die gute Nachricht: Abnehmen hilft
Studien zeigen, dass Gewichtsreduktion die Symptome von Schlafapnoe deutlich lindern kann. Gewichtsverlust reduziert die Anzahl der Atemaussetzer, verbessert die Schlafqualität und senkt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Antoniewicz: „Bereits eine Gewichtsreduktion von 10 bis 15% kann die Anzahl der Atemaussetzer pro Stunde im Schnitt um die Hälfte senken. In manchen Fällen kann Gewichtsverlust sogar zu einer vollständigen Heilung der Schlafapnoe führen.“
Gewichtsreduktion aber oft schwierig
Trotz der verschiedenen Methoden zur Gewichtsreduktion – wie Ernährungsumstellung, regelmäßige körperliche Aktivität in Form von Ausdauersportarten oder auch Krafttraining, um den Stoffwechsel anzukurbeln – kämpfen viele Betroffene gegen ihr Übergewicht, ohne eine substanzielle Gewichtsreduktion zu erreichen.
In diesen Fällen kann beispielsweise eine Magenverkleinerung (bariatrische Chirurgie) angezeigt sein. Studien2 zeigen, dass der durch eine bariatrische Operation erzielte Gewichtsverlust bei übergewichtigen Menschen mit Schlafapnoe die Anzahl der Atemaussetzer deutlich reduziert.
Abnehmspritze als Option für ausgewählte Fälle
„Naheliegenderweise setzen viele Betroffene ihre Hoffnungen auch auf die neuerdings am Markt befindliche Abnehmspritze“, weiß Antoniewicz zu berichten.
In einer kürzlich erschienen Studie3 wurde untersucht, inwieweit die Abnehmspritze Tirzepatide auf Gewicht und Atemaussetzer bei Menschen mit Schlafapnoe einen Effekt hat. „Abnehmspritzen sind Medikamente, die körpereigene Hormone nachahmen, die eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Blutzuckerspiegels und des Appetits haben. Sie werden deshalb bei der Therapie von Diabetes eingesetzt. Diese Therapien haben auch einen Effekt bei übergewichtigen Patient*innen ohne Diabetes, nämlich einen gewichtsreduzierenden Effekt vor allem durch die Appetitbremsung“, erläutert Antoniewicz.
Die Surmount-OSA-Studie untersuchte Patient*innen mit moderater bis schwerer Schlafapnoe. Es zeigte sich, dass die Abnehmspritze das Gewicht deutlich reduzierte und die Atemaussetzer um bis zu 63% gesenkt werden konnten. Fast die Hälfte der Teilnehmer mit der höchsten Dosis erfüllten die Kriterien für eine Krankheitsauflösung. „Für ausgewählte Fälle ist somit die Abnehmspritze eine wirkungsvolle Option für Patient*innen mit Schlafapnoe“, betont Antoniewicz.
Die Kosten für die Abnehmspritze werden in Österreich für Diabetiker von den Krankenkassen übernommen. „Durch die steigende Nachfrage für die Therapie des Übergewichts kam es jedoch mehrmals zu Lieferengpässen für Patient*innen mit Diabetes, da die Nachfrage die Produktionskapazitäten der Hersteller überstieg. Es wird sich somit zeigen, welchen Stellenwert die Therapie bei übergewichtigen Patient*innen mit OSAS haben wird“, stellt Antoniewicz fest.
Fazit
Schlafapnoe ist eine ernstzunehmende Erkrankung, die unbehandelt zu schwerwiegenden Folgen führen kann. Übergewicht ist einer der Hauptrisikofaktoren für Schlafapnoe. Gewichtsreduktion, unabhängig von der Methode, kann zu einer deutlichen Verbesserung der Schlafapnoe führen. Eine gesunde Lebensweise mit ausgewogener Ernährung und regelmäßiger Bewegung ist daher für Menschen mit Schlafapnoe besonders wichtig. Für ausgewählte Fälle kann die Abnehmspritze eine wirkungsvolle Option darstellen.
1 PAP steht für „positive airway pressure” – Atemwegsüberdruck (cpap = continous prositive airway pressure)
2 Malhotra A, Grunstein RR, Fietze I, et al., on behalf of the SURMOUNT-OSA Investigators. Tirzepatide for the Treatment of Obstructive Sleep Apnea and Obesity. N Engl J Med 2024;391:1193-1205
3 Malhotra A, Grunstein RR, Fietze I, et al., on behalf of the SURMOUNT-OSA Investigators. Tirzepatide for the Treatment of Obstructive Sleep Apnea and Obesity. N Engl J Med 2024;391:1193-1205
Downloads
schlafapnoe_uebergewicht_und_die_abnehmspritze.docx
Kontakt
OA Dr. Lukasz Antoniewicz, PhD
Abteilung für Pulmologie
Universitätsklinik für Innere Medizin II
Medizinische Universität Wien
Tel: +43 40400 47760
E-Mail: lukasz.antoniewicz@meduniwien.ac.at
Rückfragen Presse
Urban & Schenk medical media consulting
Barbara Urban:
0664/41 69 4 59, barbara.urban@medical-media-consulting.at
Mag. Harald Schenk:
0664/160 75 99, harald.schenk@medical-media-consulting.at
www.medical-media-consulting.at
|